Für alle Kollegen, die …

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… sich auch heute wieder einmal fragen, warum sie „das“ eigentlich machen:

„Ich spielte unter dem Tisch im Hof, wenn die Alten sich Geschichten erzählten oder schöne Lieder traurigen Inhalts summten. Schickt das Kind hier weg, sagte manchmal eine der Tanten. Lass es da, sagte Großvater. Immer bleibt einer übrig, der erzählt. Vielleicht wird gerade er einmal der Erzähler sein.“

Varujan Vosganian: „Buch des Flüsterns“

Schnittstelle

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Noch liegen die einträchtig beieinander. Hattis Kladde, Ararats Kladde und ein Immer-zur-Hand-Buch für beide. Gestern aber habe ich zum ersten Mal gewagt, mich zu fragen, ob das eigentlich geht, dass die so innig, zärtlich und auch ein bisschen verzweifelt ineinander verklammert bleiben.

Man braucht ja kein Chirurg zu sein oder einen Chirurgen zum Bruder zu haben, um zu wissen, dass manchmal geschnitten werden muss, um eine Ordnung im Körper wieder herzustellen. Man braucht auch weder Chirurg noch Chirurgenverwandter zu sein, um zu wissen, dass Schneiden wehtut.

Ob ich schneide, weiß ich noch nicht.

Aber ich glaube, ich muss.

Ich habe die Hatti so geliebt. Ich liebe sie immer noch, was für mich ganz und gar erstaunlich ist, und vielleicht werde ich sie allein dafür – dass sie von mir (ach nee, von der Carmen) ist und ich sie trotzdem so lange lieben konnte – immer weiter lieben.Ich finde sie gelungen. Sie ist eine, die völlig und willig die Forderungen ihrer Form erfüllt, und hineinstopft, was immer ihr gefällt. God bless you, Hatti. Aber an dem, was ich zu verdrängen versucht habe und was in den letzten Wochen trotzdem immer wieder nach oben geschwappt ist, komme ich nicht mehr sehr lange vorbei: Die Form ist zu klein für Ararat. Er passt nicht rein. Und das Gewicht von der Hatti hält ihn am Boden fest. Wenn ich nicht schneide, wenn ich ihn nicht losmache und freigebe, kann er nicht fliegen.

Das braucht so entsetzlich viel Mut. Und an Mut hat es mir als Autor immer gefehlt. In meinen Augen waren Ararat und ich schon Helden, weil wir ohne Verlag zum Festhalten lospreschen wollten. Wir brauchten wenigstens die Hatti zum Festhalten. Ihre Wärme, ihre Kraft, ihr Stehvermögen. Wenn wir uns von der Hatti schneiden, gibt es nur noch uns. Ganz allein. Was wir an Kraft nicht selbst aufbringen, wird nicht da sein. Das schnürt mir die Luft ab. Aber um einen Fünftausender zu besteigen, muss man ja wohl lernen, an einem Mangel an Luft nicht in Panik zu geraten.

Ein bisschen von dem Mut, der mir fehlt, hat mir gestern mein Agent gemacht. Und ein bisschen macht mir Ararats Zustand. Du bist schön, mein Freund, schön bist du, unser Lager ist grün.

Ararat losschneiden heißt auch: Hatti hinter mir lassen, ohne zu wissen, ob ich nochmal einen haben werde, der so genau in meine Arme passt. Das tut am meisten weh. Ich habe mich diese ganze Zeit über benommen, als müsste ich von diesem Roman nie getrennt werden. Ich möcht‘ noch eine Weile hier sitzen und die zwei zusammen streicheln. Meine schönen Geschwister. Ich möcht‘ auch noch eine Weile lang überlegen, wie das technisch gehen soll. Aber dann möcht‘ ich – glaube ich – schneiden. Und weitergehen. Vorwärts. Aufwärts. 

Angst vorm Erfolg

Ein Geständnis:

Als ich sehr jung war – genauer gesagt knapp über dreißig – habe ich schon einmal einen Roman an einen Verlag verkauft. Das war alles sehr schön. Der Verlag passte zum Text, und die Leute, die mich betreuten, waren alle wohlwollend und gewillt, mich aufzubauen und mir Leine zu lassen, wie ich das hinterher nur noch ein einziges Mal (nämlich jetzt!) erlebt habe. Trotzdem fing ich in der Lektoratsphase ein unsägliches Gezerre um – aus heutiger Sicht – kaum relevante Punkte an, die sich bald verselbstständigten und nicht mehr auszuräumen waren. Am Ende blieb uns nur, den Vertrag in beiderseitigem Einvernehmen aufzulösen, was mich mit einer seltsamen Erleichterung erfüllte. Der Freund und Kollege, der meine Schreibversuche von Anfang an begleitet und mir auf dem Weg zum Verlagsvertrag sehr geholfen hatte, war hingegen enttäuscht.

„Weißt du, was mit dir nicht stimmt?“, hat er mich gefragt. „Du hast Angst vorm Erfolg.“

Damals fand ich das hanebüchen. Heute glaube ich, zu wissen, was er meinte.

In den Jahren nach meiner ersten Veröffentlichung im Publikumsverlag habe ich Erfolg verzweifelt herbeigesehnt. Erfolg, das hätte bedeutet: endlich eine Möglichkeit, die unzähligen Stunden Schreiben einigermaßen finanzieren zu können, endlich mehr als viereinhalb Stunden schlafen, endlich einen Urlaubstag ohne Laptop verbringen, endlich ein Monat, von dem nichts mehr übrig ist, wenn das Konto leer ist. Vor allem hätte es bedeutet: Zufriedene Verleger, zufriedene Agentur. Und noch wichtiger – Menschen, die das Buch mögen. A job well done.

Ziemlich bald wurde aus dem Wunsch nach Erfolg die Angst vorm nächsten Misserfolg, wohl wissend, dass jeder davon mich näher ans Aus drückte. Und noch immer nicht wissend, wie man das macht: Leben ohne Schreiben. Aus dem Stoßgebet vor jeder Neuerscheinung – Möge es ein Erfolg werden – wurde: Möge es bitte nicht ganz so fulminant flopen. Daran, dass ich das Buch noch irgendwann schreiben könnte, das da draußen, wo es hinsollte, tatsächlich landet, habe ich nicht mehr geglaubt.

Und jetzt ist es da.

Ein paar Tage lang war das die ganz große Freiheit: Erfolg. Das haben wir jetzt gehabt. Das können wir abhaken und zum nächsten Thema übergehen. Dein erfolgreiches Buch hast du geschrieben, von jetzt an kannst du Schneid beweisen und schreiben, was du willst.

Aber so einfach funktioniert es nicht. Denn jetzt weiß ich, was das ist und worin sie sich begründet, die Angst vorm Erfolg.

Erfolg macht süchtig. Nicht der finanzielle Unterschied, denn ob der sich überhaupt auswirkt, weiß ich noch gar nicht. Aber das Gefühl, ein Buch geschrieben zu haben, das die, die es lesen, mögen. Etwas ausgeschickt zu haben, was angekommen ist. Was mit der Welt Kontakt aufnimmt und mein kleines Zeichen darin lässt, wenn auch nur für einen Augenblick.

Im ersten Rausch dachte ich: Jetzt schreib ich endlich eines nur für mich. Aber nur für mich geht nicht mehr. Das ist, als säße man allein an seinem Feuer und erzählte seine Geschichte den Nachtgeschöpfen, die auf Menschenstimmen gar nicht lauschen. Ich kann mit dem Gedanken nicht umgehen, danach wieder eines zu schreiben, das Kommentare erntet wie „hast dir ja wacker Mühe gegeben, aber …“, „das Buch ist sicher nicht schlecht, nur war’s mir zu anstrengend“ oder gar: „mir hat das keine Freude gemacht.“ Die ganz große Freiheit ist der ganz große Druck: Ich bin jetzt einer, auf dem Erwartung liegt, die er enttäuschen könnte. Nicht nur meine. Auch die von anderen. Das ist ziemlich atemberaubend. Es flößt meinen Fingern, die schreiben wollen, Furcht ein und verlangsamt ihren Lauf.

Und falls jetzt einer glaubt, ich habe diesen langen Salm geschrieben, um meinen Nabel gründlich zu besonnen, hat der vielleicht mehr recht, als mir lieb ist – aber nicht ganz. Mir ist das alles heute beim Laufen durch den Kopf gegangen, weil mir einfiel, dass ich (wie aufregend!) zum ersten Mal einen Roman schreibe, der von zwei Kunstschaffenden (das sind im weitesten Sinne schließlich auch wir Autoren von Unterhaltungsromanen) handelt. Von einem, der gewaltigen Erfolg hat, nach dem er nie gestrebt hat und für den er nicht gemacht ist, und von einer, die voller Ehrgeiz steckt und der jede Chance auf Erfolg zerschlagen wird. Vor allem aber fiel mir dabei ein, dass ich das überhaupt noch nicht thematisiert habe.

Vielleicht weil ich keine Erfahrung hatte – mit Erfolg?

Anyway. Ich gehe zurück ans Reißbrett. Und freu mich daran, dass mein Roman Ararat mir so nah ist. Auch wenn nicht mal der, den ich ganz allein mache, einer „nur für mich“ sein kann.

Das Dilemma des ersten Satzes

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Kennen wir alle, oder?

„Ilsebill salzte nach“, der erste Satz aus Günter Grass‘ „Der Butt“, wurde einst zum schönsten deutschen Romananfang gekürt. Ich finde den auch hinreißend. Aber die krampfhafte Suche nach einem, der auch nur in die Nähe kommt, zeitigt selten Rosen und häufig Stilblüten. Umso schöner, wenn einem einer in den Schoß fällt, von dem man das Gefühl hat, er sei immer dagewesen und es könne keinen anderen geben.

Ararat hatte so einen. Vom ersten Tag an.

Es sollte der werden, der im Kopf dieses Blogs steht: „Der soll was anderes kaufen. Kann der nicht Paris kaufen? Ach nee, in Paris regnet’s ja jetzt auch.“

Ich liebe diese Sätze. Für mich bleiben die für immer Ararats Anfang. Aber sie passen nicht mehr. Deshalb haben wir jetzt – vorläufig – einen neuen, der nicht so spektakulär ist, und zwar: „Weißt du, was ekelhafter ist, als mit Schweinen zu verkehren?“

Und weil ich über die Bedeutung von ersten Sätzen heute pausenlos nachdenke, möchte ich gern eure kennenlernen. Habt ihr Lust, mir die ersten Sätze eures Work in Progress als Kommentar zu senden? Oder die, die euch am besten gelungen sind? Ich wäre sehr gespannt. Und vielleicht können wir ja am Ende unter uns den schönsten wählen?

Gesegnete Pfingsten, fröhliches Zungenreden, Charlie

Die Flöte des Rattenfängers

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Das ist natürlich keine Flöte, sondern unsere Duduk, aber sie passt trotzdem. Sie ist eine Verführerin.

Die ganze Woche hängen Ararat und ich an dem grandiosen Bild einer – grandiosen – Kollegin. Wir sprachen über Kompromisse und Mittelwege, darüber, dass Leser – diese unschätzbaren Geschöpfe, die wir umwerben, umschwänzeln, für uns gewinnen und nie mehr frei geben wollen – einer Gruppe von Freunden gleichen, die gemütlich um einen Kneipentisch sitzt und sich unterhält. Die wollen gar nicht von uns abgeholt und an irgendwelche absonderlichen Orte verschleppt werden, die fühlen sich wohl, da wo sie sitzen. Wenn wir sie überreden wollen, aufzustehen und zumindest ein paar Schritte mit uns zu gehen, wird allgemein empfohlen, sich eine Weile lang zu ihnen zu setzen, sich freundlich ins Gespräch zu mischen, mitzuschwatzen …

Allzu schnell aber schwatzt man sich in der netten Runde fest und hievt sich nur noch widerstrebend in die Höhe. Und die Sitzenden? Die mühsam Überredeten? Wie viele von denen werden uns wirklich folgen und wie weit sind sie zu gehen bereit?

Meine Kollegin hat von etwas anderem gesprochen, und ich habe mich in ihr Bild verliebt. Sie mag das nicht mehr, hat sie gesagt. Es kostet so viel Kraft, es fordert von der eigenen Geschichte ein ständiges Beugen, Buckeln und Biegen, das ihr nicht gut bekommt, und der Erfolg ist fraglich. Lieber wolle sie künftig aufs Ganze gehen. Alles riskieren und der Geschichte vertrauen. So wie der Rattenfänger, der sich nicht hinsetzt und mitschwatzt, sondern an der Gruppe vorbeizieht und seine schönste Melodie spielt. Der Verführer, der weiß: Entweder die Melodie hat die Kraft, die Sitzenden aus ihren Stühlen zu reißen, oder nicht und dann hilft auch kein freundliches Geschwätz. Am Ende zählt das Lied der Flöte. Nicht ihr hübsch beklebter Kasten.

Ich will nachmachen. Todesmutig und gelassen. Verführen, zirzen, säuseln, aber nicht buhlen, sondern wissen: Ararat ist mein schönstes Lied. Wenn das nicht verfängt, ist alles Schwatzen und Rückenkrümmen für die Katz.

Fröhlichen Samstag!

Mary Rose

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Sie ist unsere schönste. Henrys Lieblingsschiff und das Lieblingsschiff seiner Engländer. Bis heute. Lange habe ich sie nicht besucht, weil ich mich ihr nicht so richtig unter die Augen getraut habe. Falls jemand mich inzwischen der Hysterie verdächtigt, widerspreche ich nicht, aber so hat es sich angefühlt: Als wäre sie mir nicht länger freundlich gesinnt, weil ich unseren gemeinsamen Roman nicht wilder und beharrlicher verteidigt habe, weil das Buch, das ich ihr geschrieben und das mir so viel Freude gemacht hat, jetzt als eines herauskommen wird, das mit mir – und vor allem mit ihr – nichts zu tun hat.

Sie gestern wiederzusehen, war trotzdem schön. Sie ist zu großen Teilen aus Eiche gebaut, die dank der phantastischen Arbeit der Archäologen nun auf Hunderte von Jahren erhalten bleiben wird. Gestern kam es mir vor, als grinsten ihre Eichenplanken mir zu: Was kratzt‘s die Eiche …

Ich bin noch nicht so weit. Es tut mir immer noch weh, dass die schöne Zeit mit dem Buch mir gar nicht mehr wahr vorkommt (in meinem Kopf kommt nach „Als wir unsterblich waren“ immer die Hatti. Dass da eines dazwischen war, das auch dazwischen erscheint, habe ich regelrecht verdrängt). Dass das Buch mir fremd ist und dass ich dieser Liebe von mir und den wundervollen zehn Jahren, die ich mit ihr erlebt habe, nun keins, zu dem ich stehen kann, geschrieben habe, macht mich traurig. Aber dass sie noch genauso schön ist wie bei meinem letzten Besuch, als ich von dem Cover noch gar nichts wusste, rückt manches zurecht. Ich hab mir mein Buch wegnehmen lassen (und rate jedem davon ab, das nachzumachen). Aber die Mary Rose war schon da, als es das Buch (und mich!) noch gar nicht gab. Und wenn das Buch verramscht wird, ist sie immer noch da.

Besucht sie doch mal. Sie ist unsere schönste. Her Lady Mary Rose. 

Aus dem British Museum

Archtablet

“To a cuneiform scholar the Ark Tablet, if not breathtakingly beautiful, will always be a thing of wonder.”

Das schreibt Irving Finkel, Kurator der Keilschrift-Sammlung des British Museum, über diese Tafel, die analog zum Flood Tablet Ark Tablet heißt. Der Rest seines wundervollen Buches „The Ark before Noah“ singt in demselben Ton. Das Buch ist ein Liebeslied für dieses handtellergroße Stück Ton, diese Zeitkapsel, die er bewahrt und uns zugänglich gemacht hat. Sein Bericht von dem Augenblick, in dem er die Worte „Wand, Wand! Schilfwand, Schilfwand“ Atrahasis …“ auf der Tafel entzifferte und begriff, was er in Händen hielt, ist so voller Zauber, Herzklopfen und atemloser Ehrfurcht, dass ich keine So-lernten-wir-uns-kennen-Geschichte weiß, die daneben nicht verblasst.

Irving Finkel hat um sein Ark Tablet gedient wie Jakob um Rachel – fünfzehn volle Jahre. Douglas Simmonds, ein Museumsbesucher, hatte ihm die Tafel 1985 gebracht, weil er wissen wollte, worum es sich handelte. Er hatte das beschriftete Stück Ton von seinem Vater, einem im Nahen Osten stationierten RAF-Piloten, als Geschenk erhalten, ohne zu ahnen, was für einen Schatz für die ganze Welt er darin besaß. Irving Finkel erzählt, er sei „wobbly with desire“ gewesen, sobald er erfasste, dass ihm eine Version der Sintfluterzählung aus dem Atrahasis-Epos vorlag – einem in Akkadisch abgefassten, babylonischen Epos, das sich bis mindestens 1800 vor Christi zurückdatieren lässt und es also im Alter mit Gilgamesch aufnimmt.

Irving Finkel bestürmte Douglas Simmonds, ihm die Tafel zu überlassen, wie ein Anbeter den Vater seiner Liebsten. Simmonds weigerte sich. Es sollte fünfzehn Jahre dauern, bis er sich schließlich bereitfand, Finkel die Tafel auszuhändigen, sodass der sie entziffern und uns den Inhalt zugänglich machen konnte. Inzwischen steht sie, wo sie hin gehört, im Museum, wo jeder sie sehen kann, ohne dafür zu bezahlen. Wer – wie ich – keine Keilschrift lesen kann, liest am besten Irving Finkels Buch und erfährt mit Erstaunen: Die Arche des Atrahasis – eines „Noah“ von Babylon – war rund …

Das Ark Tablet wird begleitet von einem Ausschnitt aus der Antwort des Uta-napischti, des Überlebenden der Sintflut, an Gilgamesch, aus der zehnten Tafel des Gilgamesch-Epos, zitiert nach Stefan Maul:

Es gibt eine Zeit, da bauen wir ein Haus,

Es gibt eine Zeit, da nisten wir im Nest.

Es gibt eine Zeit, da teilen sich die Brüder ihr Erbe,

Es gibt eine Zeit, da herrscht Hass in Land.

Es gibt eine Zeit, da der Fluss anschwoll und die Flut herbrachte,

Da die Eintagsfliege auf dem Fluss sich treiben lässt,

Da ihr Blick sich auf der Sonne Antlitz richtet,

Doch dann mit einem Mal ist nichts mehr davon da.

Der Verschleppte und der Tote, die sind wie eines Mundes,

Denn nicht mehr können sie das Bild des Todes zeichnen.

Noch nie hat ein toter Mann seine Grüße in das Land zurückgesandt.

Die Unterweltsgötter, die großen, waren versammelt,

Mamitum, die das Schicksal formt, bestimmte mit ihnen das Schicksal.

Sie setzten ein den Tod und das Leben,

Doch nicht taten sie dabei des Todes Tages kund.

Eva

Und nachdem ich euch (und nicht nur euch) monatelang mit meinem (Ararats) Primo uomo vollgesabbelt habe (das mach ich auch weiter), kommt hier die, die ihm die Stirne (und nicht nur die) bietet: Das Bild für Eva, eine Malerin, Ararats Prima donna: 

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Se vuol’ ballare …

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Jetzt ist sie dann also da, die Twelfthnight, die ich nicht wollte. Das e-book, an dem der ganze Haushalt hier gearbeitet hat, um es selbst herauszugeben, bevor wir Knall auf Fall erfuhren, dass wir Inhaber der Rechte im Grunde nur theoretisch waren. Und dass das e-book ohne uns gemacht wird – ein Buch, das mit uns nichts zu tun hat.

Dabei war ich einmal der vermessenen Ansicht, es sei meines …

Ich hätte das gern gehabt, ich hätte es passend gefunden, und ich finde, es hätte uns zugestanden: Twelfthnight und Ararat. Unsere eigenen Bücher. Dass mir das verweigert worden ist und dass ich nicht in der Lage war, mich dagegen zur Wehr zu setzen, hat mich verletzt. Nicht oberflächlich und schnell heilbar, sondern da, wo ich mich als Urheber meiner Bücher bisher – offenbar naiv – noch immer integer und als „der Entscheidungsträger“ gefühlt habe. Die Erkenntnis, dass das ein Irrtum war, hat etwas in mir verändert. Und dass gleichzeitig in einem anderen Verlag eine Entscheidung über mein Buch getroffen wurde, als hätte ich mit dem Buch nichts zu tun, hat die Veränderung verstärkt. Seither fühle ich mich, als hätte ich mit dem Buch tatsächlich nichts mehr zu tun. Und seltsamerweise tut das überhaupt nicht mehr weh, sondern kommt mir vor wie Ich-wasche-meine-Hände-in-Unschuld: If that’s how you want it – be my guest.

Zwischendurch hatte ich – Gott sei Dank – „Als wir unsterblich waren“, mit dem ich sehr wohl zu tun habe. Und – Gott sei erst recht Dank – die Erfahrung, dass über meine Hattuša, mit der ich ganz und gar zu tun habe, nicht über meinen Kopf hinweg, sondern an meiner Seite und in meinem Rücken entschieden wird. Das macht stark. Das macht aus Traurigkeit Wut. Das ist das Se-vuol-ballare-signor-contino-Gefühl. Und die Entschlossenheit, auf meinen Hinterbeinen künftig stehen zu lernen und Bücher zu machen, die nicht nur aus mir herausgeschwitzt sind, sondern hinterher behandelt werden, als hätte sie kein Esel im Galopp verloren. Sondern als wären’s – unter anderem! – meine. 

Das geht mit Verlag. Wenn beide Seiten es wichtig finden. Dann geht es sogar sehr gut und macht Spass. Es geht aber auch ohne, und das zu wissen, tut gut. Damit geht ein herzlicher Gruß an all die Pioniere des Selfpublishing, die uns da draußen eindrucksvoll und ermutigend beweisen: Wir sind weder die Wasserträger noch die Brunnenvergifter. Wir sind die Quelle. Und wenn es sein muss, sprudeln wir auch ohne den Eimer, der uns hält.

Il chitarrino le suonero!