Wieder in Eile

Etwas in ihrem schönen Mann war ohne Ruhe. Etwas in diesem Heimatlosen, der sich nichts mehr gewünscht hatte, als Land zu besitzen und sesshaft zu werden, schlug keine Wurzeln. Der einzig Übriggebliebene streunte haltlos einsam durch Leere. Manchmal nahm sie ihn so fest in die Arme, dass es ihm wehtat, damit er sie spürte. Er aber starrte an ihr vorbei und gab keinen Laut von sich.

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In aller Eile

ein Gruß von meinem Berg:

„Ich will dich nicht unter einem Schleier von Traurigkeit lieben.“

„Und wenn es anders nicht geht?“

„Dann doch.“

Schönen Samstag wünschen Charlie und Ararat

Masisveryclearnohouses

 

Fußball ist unser Leben

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Da ich mehrfach gefragt worden bin, ob die Fußballweltmeisterschaft bei uns nicht stattfindet, möchte ich gern darauf antworten: Doch. Fußball wird in diesem Haus sehr geliebt, wir nennen es The beautiful game und sind ihm durch ganz Europa hinterhergereist. Ich habe mich an den großen Mittelfeldspielern meiner Zeit – Platini, Maradona, Zidane – genauso abgeschmachtet wie an den großen Tenören. Außerdem haben wir hier eine unausrottbare Schwäche für das Pathos, das große internationale Sportereignisse auslösen. Mir ist nur – vielleicht weil ich ein Buch über ein solches Ereignis schreibe – zum ersten Mal am eigenen Leib bewusst, wie vorsichtig man mit diesem Pathos sein muss. Pathos lässt ein Stück wachsen, das ist angehm, aber es fällt mir diesmal nicht so leicht, den Kopf in den Wolken zu vergraben und zu ignorieren, was außerhalb der Stadien geschieht.

Dies, ums gesagt zu haben. Die Diskussion darüber möcht‘ ich gern führen, aber nicht hier. Und nichtsdestotrotz haben wir gestern Abend die überraschende, stürmische Schönheit des Frankreich-Spiels von Herzen genossen. The beautiful game. Da war der Zauber, mit dem dieses Spiel die halbe Welt kirre macht, wieder unwiderstehlich, und gerade deshalb müssen wir sorgsam damit umgehen.

Passend dazu empfehle ich heute das schönste Buch über Fußball, das ich kenne. Javier Marias: „Alle unsere früheren Schlachten“. Eine Essaysammlung des Spaniers, der für mich ohnehin zu den lesenswertesten lebenden Schriftstellern gehört. In gewohnter sprachlicher Makellosigkeit widmet sich Marias seiner privatesten Leidenschaft. Eben weil das Buch so privat ist, weil es das Eingemachte, das aus der Kindheit Heraufgeschleppte nicht ausspart, ist es tief berührend, und eben deshalb zugleich ein höchst politisches Buch. Die kurzen Texte eignen sich für die Halbzeitpause – und sind auch als Geschenk an die Menschen in unserem Leben zu empfehlen, die wieder einmal gern erklärt hätten, warum wir in den kommenden drei Wochen Abend für Abend am Fernsehschirm kleben.

Ohne Titel

Eine Kollegin hat vor kurzem – aus leider berechtigtem Anlass – mit einer Spur Bitterness festgehalten, dass Autoren untereinander in erster Linie Konkurrenten und erst dann Kollegen sind.

Auch wenn mir der Grund dafür ins Gesicht sprang, hat sich alles in mir dagegen gesträubt. Ich bin kein edler Mensch und versuche nicht, mich als einen solchen zu verkaufen, aber andere Leute, die Bücher schreiben, habe ich nie als Konkurrenten erlebt. Wenn ich ihre Bücher mehr mag als meine, dann sind sie die wundervollen Leute, die den Stoff liefern, nach dem ich mehr als nach allem anderen süchtig bin.

Ich habe von Kollegen in den Jahren, in denen ich meine Büchln durch die Verlagswelt schleife, unschätzbare Hilfe erfahren. Ohne die Unterstützung zweier Kolleginnen wäre mein erstes Buch nicht veröffentlicht worden. Ohne den Zuspruch dreier Kollegen hätte ich mich nie getraut, überhaupt ein Manuskript an einen Agenten zu schicken. Ohne die Ermutigung vieler Kollegen, ohne ihren Galgenhumor, ihre Ideen, ihre Gemeinschaft hätte ich zwischendurch schlappgemacht. Und ohne den Rat und die Umsicht zweier Kolleginnen wäre mein letztes Buch vermutlich kein Bestseller.

Diese Hilfe in gleichem Umfang zurückzugeben, war mir bisher nicht möglich, aber wo ich die Möglichkeit hatte, mich im Kleinen zu revanchieren, habe ich mich gefreut. Romanprojekte, denen ich beim Wachsen zuschauen durfte, waren ein bisschen auch meine, und negative Erfahrungen sind mir in diesem Feld erspart geblieben. Insel der Seligen. Wir gegen den Rest der Welt. Virtuelles Großraumbüro mit Trost-Quatsch-Zone um den Kopierer.

Dass damit jetzt Schluss ist, schockiert mich, obwohl ich mich frage, wie naiv ich als Oma von knapp fünfzig eigentlich bin. Und dass ich damit nicht umgehen kann, gebe ich freimütig zu. Auf einmal kommen die hämischen Stimmen, das vermeintlich wissende Gezischel, das verblüffend hart trifft. „Man muss also nur lange durchhalten.“ „Hartnäckigkeit zahlt sich aus.“ „Da spreche ich einfach von Glück.“ Es stößt herb auf, zu entdecken, wer sich keinen Glückwunsch abringen kann, wer auf einmal Solidarität entzieht oder ganz verschwindet. Besonders schwer zu schlucken ist dabei, dass das nicht aus den Reihen derer kommt, die kontinuierlich weit größere Erfolge erzielen, und auch nicht aus den Reihen derer, die tapfer kleinere Brötchen backen. Sondern aus den Reihen derer, von denen ich jahrelang geglaubt habe, wir würden in derselben Liga spielen, uns gegenseitig die Schultern klopfen, wenn wir wieder mal abgestiegen sind, und uns doof freuen, wenn’s einem von uns gelingt, die Nase nach oben durchzustecken, wenn auch nur für Sekunden.

Dieser Irrtum tut ziemlich weh. Er spuckt in meine Suppe und rüttelt ein bisschen an den Pfeilern, auf denen ich in der nächsten Zeit stehen wollte. Dazu gibt’s auch kein Aber. Was uns nicht umbringt, mag uns härter machen, doch hat irgendwer dazu Lust?

Life copies Literature

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Life copies Literature

In meinem Hattuša-Roman fürchtet sich eine Figur vor hohen Gebäuden. Sie träumt von einstürzenden Felswänden, rennt schweißnass aus dem Film „Metropolis“ und erträgt ihren Tisch im Lesesaal der Uni nicht mehr, weil die Stapel um sie in die Höhe wachsen.

Mein Mann hat heute früh ein Foto von meinem Schreibtisch gemacht und es mir mit der Nachricht ‚Attention, you turn into your character‘, geschickt.

Seither verspüre ich Anflüge von Platzangst.

Für alle Kollegen, die …

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… sich auch heute wieder einmal fragen, warum sie „das“ eigentlich machen:

„Ich spielte unter dem Tisch im Hof, wenn die Alten sich Geschichten erzählten oder schöne Lieder traurigen Inhalts summten. Schickt das Kind hier weg, sagte manchmal eine der Tanten. Lass es da, sagte Großvater. Immer bleibt einer übrig, der erzählt. Vielleicht wird gerade er einmal der Erzähler sein.“

Varujan Vosganian: „Buch des Flüsterns“

Schnittstelle

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Noch liegen die einträchtig beieinander. Hattis Kladde, Ararats Kladde und ein Immer-zur-Hand-Buch für beide. Gestern aber habe ich zum ersten Mal gewagt, mich zu fragen, ob das eigentlich geht, dass die so innig, zärtlich und auch ein bisschen verzweifelt ineinander verklammert bleiben.

Man braucht ja kein Chirurg zu sein oder einen Chirurgen zum Bruder zu haben, um zu wissen, dass manchmal geschnitten werden muss, um eine Ordnung im Körper wieder herzustellen. Man braucht auch weder Chirurg noch Chirurgenverwandter zu sein, um zu wissen, dass Schneiden wehtut.

Ob ich schneide, weiß ich noch nicht.

Aber ich glaube, ich muss.

Ich habe die Hatti so geliebt. Ich liebe sie immer noch, was für mich ganz und gar erstaunlich ist, und vielleicht werde ich sie allein dafür – dass sie von mir (ach nee, von der Carmen) ist und ich sie trotzdem so lange lieben konnte – immer weiter lieben.Ich finde sie gelungen. Sie ist eine, die völlig und willig die Forderungen ihrer Form erfüllt, und hineinstopft, was immer ihr gefällt. God bless you, Hatti. Aber an dem, was ich zu verdrängen versucht habe und was in den letzten Wochen trotzdem immer wieder nach oben geschwappt ist, komme ich nicht mehr sehr lange vorbei: Die Form ist zu klein für Ararat. Er passt nicht rein. Und das Gewicht von der Hatti hält ihn am Boden fest. Wenn ich nicht schneide, wenn ich ihn nicht losmache und freigebe, kann er nicht fliegen.

Das braucht so entsetzlich viel Mut. Und an Mut hat es mir als Autor immer gefehlt. In meinen Augen waren Ararat und ich schon Helden, weil wir ohne Verlag zum Festhalten lospreschen wollten. Wir brauchten wenigstens die Hatti zum Festhalten. Ihre Wärme, ihre Kraft, ihr Stehvermögen. Wenn wir uns von der Hatti schneiden, gibt es nur noch uns. Ganz allein. Was wir an Kraft nicht selbst aufbringen, wird nicht da sein. Das schnürt mir die Luft ab. Aber um einen Fünftausender zu besteigen, muss man ja wohl lernen, an einem Mangel an Luft nicht in Panik zu geraten.

Ein bisschen von dem Mut, der mir fehlt, hat mir gestern mein Agent gemacht. Und ein bisschen macht mir Ararats Zustand. Du bist schön, mein Freund, schön bist du, unser Lager ist grün.

Ararat losschneiden heißt auch: Hatti hinter mir lassen, ohne zu wissen, ob ich nochmal einen haben werde, der so genau in meine Arme passt. Das tut am meisten weh. Ich habe mich diese ganze Zeit über benommen, als müsste ich von diesem Roman nie getrennt werden. Ich möcht‘ noch eine Weile hier sitzen und die zwei zusammen streicheln. Meine schönen Geschwister. Ich möcht‘ auch noch eine Weile lang überlegen, wie das technisch gehen soll. Aber dann möcht‘ ich – glaube ich – schneiden. Und weitergehen. Vorwärts. Aufwärts. 

Angst vorm Erfolg

Ein Geständnis:

Als ich sehr jung war – genauer gesagt knapp über dreißig – habe ich schon einmal einen Roman an einen Verlag verkauft. Das war alles sehr schön. Der Verlag passte zum Text, und die Leute, die mich betreuten, waren alle wohlwollend und gewillt, mich aufzubauen und mir Leine zu lassen, wie ich das hinterher nur noch ein einziges Mal (nämlich jetzt!) erlebt habe. Trotzdem fing ich in der Lektoratsphase ein unsägliches Gezerre um – aus heutiger Sicht – kaum relevante Punkte an, die sich bald verselbstständigten und nicht mehr auszuräumen waren. Am Ende blieb uns nur, den Vertrag in beiderseitigem Einvernehmen aufzulösen, was mich mit einer seltsamen Erleichterung erfüllte. Der Freund und Kollege, der meine Schreibversuche von Anfang an begleitet und mir auf dem Weg zum Verlagsvertrag sehr geholfen hatte, war hingegen enttäuscht.

„Weißt du, was mit dir nicht stimmt?“, hat er mich gefragt. „Du hast Angst vorm Erfolg.“

Damals fand ich das hanebüchen. Heute glaube ich, zu wissen, was er meinte.

In den Jahren nach meiner ersten Veröffentlichung im Publikumsverlag habe ich Erfolg verzweifelt herbeigesehnt. Erfolg, das hätte bedeutet: endlich eine Möglichkeit, die unzähligen Stunden Schreiben einigermaßen finanzieren zu können, endlich mehr als viereinhalb Stunden schlafen, endlich einen Urlaubstag ohne Laptop verbringen, endlich ein Monat, von dem nichts mehr übrig ist, wenn das Konto leer ist. Vor allem hätte es bedeutet: Zufriedene Verleger, zufriedene Agentur. Und noch wichtiger – Menschen, die das Buch mögen. A job well done.

Ziemlich bald wurde aus dem Wunsch nach Erfolg die Angst vorm nächsten Misserfolg, wohl wissend, dass jeder davon mich näher ans Aus drückte. Und noch immer nicht wissend, wie man das macht: Leben ohne Schreiben. Aus dem Stoßgebet vor jeder Neuerscheinung – Möge es ein Erfolg werden – wurde: Möge es bitte nicht ganz so fulminant flopen. Daran, dass ich das Buch noch irgendwann schreiben könnte, das da draußen, wo es hinsollte, tatsächlich landet, habe ich nicht mehr geglaubt.

Und jetzt ist es da.

Ein paar Tage lang war das die ganz große Freiheit: Erfolg. Das haben wir jetzt gehabt. Das können wir abhaken und zum nächsten Thema übergehen. Dein erfolgreiches Buch hast du geschrieben, von jetzt an kannst du Schneid beweisen und schreiben, was du willst.

Aber so einfach funktioniert es nicht. Denn jetzt weiß ich, was das ist und worin sie sich begründet, die Angst vorm Erfolg.

Erfolg macht süchtig. Nicht der finanzielle Unterschied, denn ob der sich überhaupt auswirkt, weiß ich noch gar nicht. Aber das Gefühl, ein Buch geschrieben zu haben, das die, die es lesen, mögen. Etwas ausgeschickt zu haben, was angekommen ist. Was mit der Welt Kontakt aufnimmt und mein kleines Zeichen darin lässt, wenn auch nur für einen Augenblick.

Im ersten Rausch dachte ich: Jetzt schreib ich endlich eines nur für mich. Aber nur für mich geht nicht mehr. Das ist, als säße man allein an seinem Feuer und erzählte seine Geschichte den Nachtgeschöpfen, die auf Menschenstimmen gar nicht lauschen. Ich kann mit dem Gedanken nicht umgehen, danach wieder eines zu schreiben, das Kommentare erntet wie „hast dir ja wacker Mühe gegeben, aber …“, „das Buch ist sicher nicht schlecht, nur war’s mir zu anstrengend“ oder gar: „mir hat das keine Freude gemacht.“ Die ganz große Freiheit ist der ganz große Druck: Ich bin jetzt einer, auf dem Erwartung liegt, die er enttäuschen könnte. Nicht nur meine. Auch die von anderen. Das ist ziemlich atemberaubend. Es flößt meinen Fingern, die schreiben wollen, Furcht ein und verlangsamt ihren Lauf.

Und falls jetzt einer glaubt, ich habe diesen langen Salm geschrieben, um meinen Nabel gründlich zu besonnen, hat der vielleicht mehr recht, als mir lieb ist – aber nicht ganz. Mir ist das alles heute beim Laufen durch den Kopf gegangen, weil mir einfiel, dass ich (wie aufregend!) zum ersten Mal einen Roman schreibe, der von zwei Kunstschaffenden (das sind im weitesten Sinne schließlich auch wir Autoren von Unterhaltungsromanen) handelt. Von einem, der gewaltigen Erfolg hat, nach dem er nie gestrebt hat und für den er nicht gemacht ist, und von einer, die voller Ehrgeiz steckt und der jede Chance auf Erfolg zerschlagen wird. Vor allem aber fiel mir dabei ein, dass ich das überhaupt noch nicht thematisiert habe.

Vielleicht weil ich keine Erfahrung hatte – mit Erfolg?

Anyway. Ich gehe zurück ans Reißbrett. Und freu mich daran, dass mein Roman Ararat mir so nah ist. Auch wenn nicht mal der, den ich ganz allein mache, einer „nur für mich“ sein kann.

Das Dilemma des ersten Satzes

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Kennen wir alle, oder?

„Ilsebill salzte nach“, der erste Satz aus Günter Grass‘ „Der Butt“, wurde einst zum schönsten deutschen Romananfang gekürt. Ich finde den auch hinreißend. Aber die krampfhafte Suche nach einem, der auch nur in die Nähe kommt, zeitigt selten Rosen und häufig Stilblüten. Umso schöner, wenn einem einer in den Schoß fällt, von dem man das Gefühl hat, er sei immer dagewesen und es könne keinen anderen geben.

Ararat hatte so einen. Vom ersten Tag an.

Es sollte der werden, der im Kopf dieses Blogs steht: „Der soll was anderes kaufen. Kann der nicht Paris kaufen? Ach nee, in Paris regnet’s ja jetzt auch.“

Ich liebe diese Sätze. Für mich bleiben die für immer Ararats Anfang. Aber sie passen nicht mehr. Deshalb haben wir jetzt – vorläufig – einen neuen, der nicht so spektakulär ist, und zwar: „Weißt du, was ekelhafter ist, als mit Schweinen zu verkehren?“

Und weil ich über die Bedeutung von ersten Sätzen heute pausenlos nachdenke, möchte ich gern eure kennenlernen. Habt ihr Lust, mir die ersten Sätze eures Work in Progress als Kommentar zu senden? Oder die, die euch am besten gelungen sind? Ich wäre sehr gespannt. Und vielleicht können wir ja am Ende unter uns den schönsten wählen?

Gesegnete Pfingsten, fröhliches Zungenreden, Charlie

Die Flöte des Rattenfängers

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Das ist natürlich keine Flöte, sondern unsere Duduk, aber sie passt trotzdem. Sie ist eine Verführerin.

Die ganze Woche hängen Ararat und ich an dem grandiosen Bild einer – grandiosen – Kollegin. Wir sprachen über Kompromisse und Mittelwege, darüber, dass Leser – diese unschätzbaren Geschöpfe, die wir umwerben, umschwänzeln, für uns gewinnen und nie mehr frei geben wollen – einer Gruppe von Freunden gleichen, die gemütlich um einen Kneipentisch sitzt und sich unterhält. Die wollen gar nicht von uns abgeholt und an irgendwelche absonderlichen Orte verschleppt werden, die fühlen sich wohl, da wo sie sitzen. Wenn wir sie überreden wollen, aufzustehen und zumindest ein paar Schritte mit uns zu gehen, wird allgemein empfohlen, sich eine Weile lang zu ihnen zu setzen, sich freundlich ins Gespräch zu mischen, mitzuschwatzen …

Allzu schnell aber schwatzt man sich in der netten Runde fest und hievt sich nur noch widerstrebend in die Höhe. Und die Sitzenden? Die mühsam Überredeten? Wie viele von denen werden uns wirklich folgen und wie weit sind sie zu gehen bereit?

Meine Kollegin hat von etwas anderem gesprochen, und ich habe mich in ihr Bild verliebt. Sie mag das nicht mehr, hat sie gesagt. Es kostet so viel Kraft, es fordert von der eigenen Geschichte ein ständiges Beugen, Buckeln und Biegen, das ihr nicht gut bekommt, und der Erfolg ist fraglich. Lieber wolle sie künftig aufs Ganze gehen. Alles riskieren und der Geschichte vertrauen. So wie der Rattenfänger, der sich nicht hinsetzt und mitschwatzt, sondern an der Gruppe vorbeizieht und seine schönste Melodie spielt. Der Verführer, der weiß: Entweder die Melodie hat die Kraft, die Sitzenden aus ihren Stühlen zu reißen, oder nicht und dann hilft auch kein freundliches Geschwätz. Am Ende zählt das Lied der Flöte. Nicht ihr hübsch beklebter Kasten.

Ich will nachmachen. Todesmutig und gelassen. Verführen, zirzen, säuseln, aber nicht buhlen, sondern wissen: Ararat ist mein schönstes Lied. Wenn das nicht verfängt, ist alles Schwatzen und Rückenkrümmen für die Katz.

Fröhlichen Samstag!