Eine Kollegin hat vor kurzem – aus leider berechtigtem Anlass – mit einer Spur Bitterness festgehalten, dass Autoren untereinander in erster Linie Konkurrenten und erst dann Kollegen sind.
Auch wenn mir der Grund dafür ins Gesicht sprang, hat sich alles in mir dagegen gesträubt. Ich bin kein edler Mensch und versuche nicht, mich als einen solchen zu verkaufen, aber andere Leute, die Bücher schreiben, habe ich nie als Konkurrenten erlebt. Wenn ich ihre Bücher mehr mag als meine, dann sind sie die wundervollen Leute, die den Stoff liefern, nach dem ich mehr als nach allem anderen süchtig bin.
Ich habe von Kollegen in den Jahren, in denen ich meine Büchln durch die Verlagswelt schleife, unschätzbare Hilfe erfahren. Ohne die Unterstützung zweier Kolleginnen wäre mein erstes Buch nicht veröffentlicht worden. Ohne den Zuspruch dreier Kollegen hätte ich mich nie getraut, überhaupt ein Manuskript an einen Agenten zu schicken. Ohne die Ermutigung vieler Kollegen, ohne ihren Galgenhumor, ihre Ideen, ihre Gemeinschaft hätte ich zwischendurch schlappgemacht. Und ohne den Rat und die Umsicht zweier Kolleginnen wäre mein letztes Buch vermutlich kein Bestseller.
Diese Hilfe in gleichem Umfang zurückzugeben, war mir bisher nicht möglich, aber wo ich die Möglichkeit hatte, mich im Kleinen zu revanchieren, habe ich mich gefreut. Romanprojekte, denen ich beim Wachsen zuschauen durfte, waren ein bisschen auch meine, und negative Erfahrungen sind mir in diesem Feld erspart geblieben. Insel der Seligen. Wir gegen den Rest der Welt. Virtuelles Großraumbüro mit Trost-Quatsch-Zone um den Kopierer.
Dass damit jetzt Schluss ist, schockiert mich, obwohl ich mich frage, wie naiv ich als Oma von knapp fünfzig eigentlich bin. Und dass ich damit nicht umgehen kann, gebe ich freimütig zu. Auf einmal kommen die hämischen Stimmen, das vermeintlich wissende Gezischel, das verblüffend hart trifft. „Man muss also nur lange durchhalten.“ „Hartnäckigkeit zahlt sich aus.“ „Da spreche ich einfach von Glück.“ Es stößt herb auf, zu entdecken, wer sich keinen Glückwunsch abringen kann, wer auf einmal Solidarität entzieht oder ganz verschwindet. Besonders schwer zu schlucken ist dabei, dass das nicht aus den Reihen derer kommt, die kontinuierlich weit größere Erfolge erzielen, und auch nicht aus den Reihen derer, die tapfer kleinere Brötchen backen. Sondern aus den Reihen derer, von denen ich jahrelang geglaubt habe, wir würden in derselben Liga spielen, uns gegenseitig die Schultern klopfen, wenn wir wieder mal abgestiegen sind, und uns doof freuen, wenn’s einem von uns gelingt, die Nase nach oben durchzustecken, wenn auch nur für Sekunden.
Dieser Irrtum tut ziemlich weh. Er spuckt in meine Suppe und rüttelt ein bisschen an den Pfeilern, auf denen ich in der nächsten Zeit stehen wollte. Dazu gibt’s auch kein Aber. Was uns nicht umbringt, mag uns härter machen, doch hat irgendwer dazu Lust?