Zum dritten Advent

Thirdofadvent

Fabian (3): „Zwei Flüsse sind da und viele Bäume. Weihnachtsbäume und Bananenbäume und Weintraubenbäume. Die Bananen sind riesengroß. Und die Weintrauben sind noch riesengrößer.“

Charlie (49): „Können wir die essen?“

Fabian (3): Ja, da haben wir nie Hunger.“

Charlie (49): „Werden die nie leer die Bäume?“

Fabian (3): „Doch manchmal. Dann essen wir Gummibärchen.

Ich wünsch dir viele Gummibärchen, Zweiflussland. Und Stille unter deinen Weintraubenbäumen.

Hans Scholl

Erinnert sich jemand an die grandiose Hans-Scholl-Biographie, die ich im Frühling hier vorgestellt habe? Wenn nicht – hier ist noch einmal das, was mir wichtig war, in Kürze, denn dieses ganz besondere Buch gibt es jetzt auch über die Mailadresse writersformesopotamia@nacht-gedanken.de signiert zu bestellen.

Es ist eins der Bücher, die ich unter meine „Top Ten 2014“ gewählt habe, obwohl es bereits in 2012 bei Hoffmann und Campe erschienen ist. Aber das Taschenbuch kam bei btb in diesem Jahr, und ich hab’s aus verschiedenen Gründen nochmal gelesen. Das kann man so oder so wieder und wieder tun. Barbara Ellermeiers Biographie „Hans Scholl“,möchte ich euch furchtbar gern ans Herz legen. Allein wegen des umfangreichen, bis dato unbekannten Materials, das die Historikerin (die  hinreißend schreibt …) ausgewertet hat, lohnt sich das Buch. Vor allem aber lohnt es sich, weil es ein so tolles Buch ist – klug und stimmig, behutsam und sprachschön, überragend in der Sachkenntnis und verblüffend durch erstaunliches Einfühlungsvermögen und jeden Verzicht auf Wertung. Es meistert die Gratwanderung, Leser abzuholen, ohne sich anzubiedern oder aufzudrängen. Am Ende trauert man um Hans Scholl, nicht weil man um einen Menschen wie Scholl eben trauern muss, sondern weil man glaubt, ihn gekannt zu haben.

Ich hab mir dieses Buch ganz speziell für diese Aktion gewünscht, und Barbara stiftet ihre letzten zwei Exemplare. Also schnell sein! Wenn ich’s noch nicht hätte, wär’s das Weihnachtsgeschenk, das ich mir selbst gern machen würde. Besteller erhalten von Barbara die HARDCOVER Ausgabe mit Widmung mit ihrem speziell angefertigten Hans-Scholl-Stempel, den sie sonst nur auf Lesungen verwendet. Der Stempel ist wundervoll. Leider bin ich wieder zu doof, den hier einzustellen, aber ich arbeite dran (das heisst meist, ich sende den Corinna, meinem Kollegen Raif oder meinem Sohn …).

Writers for Mesopotamia – Bestandsliste aktualisiert

Lost for Words

Liebe Welt,

Ich habe unsere Bestandsliste aktualisiert und bedanke mich ganz laut bei allen Kollegen, die sich beteiligen, bei allen Lesern, die Bücher bestellen, bei allen engagierten Menschen, die unsere Aktion weiter verbreiten.

Bitte schaut mal in die Liste – wir haben jetzt so viele tolle Bücher im Angebot! Bei Interesse bitte einfach Mail an writersformesopotamia@nacht-gedanken.de. Dann erhaltet ihr die Kontodaten und eure Bestellung samt Adresse und Signierwunsch werden umgehend an den Autor weitergeleitet. Wer schnell schaltet, erhält sein Paket noch pünktlich zu Weihnachten!

Vielen, vielen Dank Euch allen.

Alles Liebe von Charlie

Writers for Mesopotamia – Verfahren und Liste verfügbarer Bücher

Lost for Words

WRITERS FOR MESOPOTAMIA

So – jetzt zum Verfahren und zu den Büchern, die ich noch anzubieten habe:
Erst einmal ganz herzlichen Dank an Corinna Klimek (das mit dem Taggen funktioniert bei mir mal wieder nicht …), die die Koordination dieser Aktion in ihrer Freizeit übernimmt. Andernfalls wäre es mir von hier aus praktisch nicht möglich, dies durchzuführen.
Wer ein oder mehrere Bücher haben möchte, schickt bitte eine Mail an Corinna unter writersformesopotamia@nacht-gedanken.de. Ihr erhaltet von ihr dann die Kontodaten, und Corinna leitet eure Adressen, das gewünschte Buch und euren Widmungswunsch (wie schon gesagt – ich schreibe ALLES!) sowie die Information, dass die Spende eingegangen ist, an mich weiter. Sobald ich ihr Okay habe, packe ich das Paket für euch. Jeden Freitag bringe ich dann alles zusammen zur Post. Bitte richtet euch darauf ein, dass Royal Mail leider nicht von der schnellen Truppe ist. Damit müssen wir uns aber nur abfinden, solange hier noch Belege liegen. ALL meine zukünftigen Belege werden direkt an Corinna versandt, die sie mit der fixen Deutschen Post weiterverschickt. Wann immer Corinna und ich uns sehen, werde ich so viele wie möglich vorab signieren und für die anderen die eigens gedruckte Karte mit dem Gemälde meines Mannes zum Einlegen bereithalten.
Corinna überweist die eingegangenen Gelder an die Rojava-Stiftung, die Flüchtlingen aus der umkämpften Stadt Kobane im Norden Syriens so schnell und direkt wie möglich mit dem Nötigsten hilft. Die Höhe der überwiesenen Summen werde ich natürlich hier bekanntgeben. Und mich bedanken.
Falls es Fragen gibt – mailt mir bitte jederzeit an charlie@charlotte-lyne.com. Bitte unbedingt WRITERS FOR MESOPOTAMIA in die Betreff-Zeile schreiben, da ich diese Mails auch während der hohen Feiertage beantworten werde. Vielen Dank!

Und diese Bücher kann ich euch anbieten:
Von Charlotte Roth:
„Als wir unsterblich waren“
Von Carmen Lobato:
„Im Land der gefiederten Schlange“
„Im Tal der träumenden Götter“
Und ab Anfang Februar
„Die Stadt der schweigenden Berge“, genannt Hatti, die sehr gern jetzt vorbestellt werden kann.
Von Charlotte Lyne:
„Die Glocken von Vineta“ (Taschenbuchausgabe)
„Glencoe“ (alle Ausgaben)
„Kains Erben“ (alle Ausgaben)
„Kinder des Meeres“ (Hardcover)
Von Charlotte & Alan Lyne:
„Dangerous Words“
„Who was Jack the Ripper“
„Maiden Voyage“
„Axel and Ollie against the Romans“
„Axel and Ollie London on Fire“
Von Anna Helmin:
„Die Mondrose“ (Taschenbuchausgabe)

Zusätzlich freue ich mich, die folgenden Bücher meiner Kollegin Gabriele Breuer ebenfalls anbieten zu können:

“Die Magd und das Teufelskind”

“Mit Tante Otti auf der Insel”

“Das Geheimnis der Sünderin” (in der vergriffenen Ullstein-Ausgabe)

“Oma Thea macht die Fliege”

Diese Bücher werden euch direkt und signiert von Gabriele zugestellt.

Außerdem habe ich unzählige von mir übersetzte Bücher hier – zumeist Jugendbücher, unter anderem das großartige „Der Junge der es regnen ließ“ von Brian Conaghan, sowie Sachbücher, unter anderem eine Steve-Jobs-Biographie und ein britisches Weihnachtsbuch. Wer daran Interesse hat, maile mir doch bitte, und ich sende eine vollständige Liste.
Die Höhe eurer Spende überlasse ich euch selbst. 5 Pfund sollte sie aber bitte übersteigen, denn das kostet mich das Porto, das ich selbst bezahle. Ich bitte um eure Großzügigkeit – und lege, um mich zu bedanken, gern Postkarten, Henry-Zeichnungen oder andere kleine Grüße aus London, die wenig kosten (wir haben leider wirklich kein Geld …) bei.
Jeder, der sich an dieser Aktion beteiligt, Geld spendet, Bücher kauft, den Aufruf teilt, verbreitet oder sogar selbst Belegexemplare stiftet, ist für mich in diesem Jahr mein persönlicher Weihnachtsmann. Dafür bedanke ich mich sehr herzlich. Wir haben noch ein paar Ideen, die wir hoffentlich demnächst umsetzen können, und freuen uns über jede weitere.
No man is an island.
Habt einen schönen Adventsabend.
Alles Liebe.
Charlie

Writers for Mesopotamia

Lost for Words

“No man is an island,
Entire of itself,
Every man is a piece of the continent,
A part of the main.
(…)
Any man’s death diminishes me,
Because I am involved in mankind,
And therefore never send to know for whom the bell tolls; 
It tolls for thee.”

John Donne

Das Gemälde, das mein Mann in Öl/Aquarell-Mischtechnik zu dem Krieg im Irak und in Syrien, der unsere ganze Familie tief erschüttert, gemalt hat, heißt

„Lost for Words“.

Es ist von jetzt an mein Symbol für den verheerenden Krieg in der Region, der wir als Schriftsteller mehr verdanken, als wir ermessen können. Dem Land, in dem die ersten schriftlichen Zeugnisse menschlichen Denkens gefunden wurden, dem das Gilgamesch-Epos entspringt und in dem der Turm von Babel uns der Legende nach unseren Sprachen gemäß unterteilte.

Die Massen von Menschen, die aus diesem Land fliehen mussten, die alles verloren haben, brauchen in diesem Winter keine Bücher, sondern Decken, Nahrung, sauberes Wasser und Medikamente. Ich aber habe nur Bücher. Und ganz wenig Geld.

Deshalb biete ich all meine Belegexemplare – auf Wunsch signiert und demnächst versehen mit einer gedruckten Karte nach dem Gemälde meines Mannes – zum Verkauf an. Der komplette Erlös dieser Aktion geht an die Rojava Stiftung, die Flüchtlinge aus Kobane direkt und unbürokratisch mit dem, was am dringendsten benötigt wird, unterstützt.

Wer ein Buch haben möchte, überweist dafür bitte eine Spende auf ein Sammelkonto, das meine Freundin Corinna Klimek eigens eingerichtet hat. Die Höhe der Spende ist euch überlassen – sie muss aber bitte die Portokosten, die mir anfallen (5 Pfund pro Buch, bei jedem zusätzlichen Buch etwa 2 Pfund dazurechnen) übersteigen, da ich sonst ja einfach das Portogeld spenden könnte. Eine Liste der verfügbaren Bücher veröffentliche ich gleich in einem Extra-Posting mit allen Informationen zum Verfahren.

Ich danke Euch allen für Eure Ermutigung und Unterstützung. Über jedes bestellte Buch freue ich mich unendlich und bin, was Widmungen, beigelegte Henry-Zeichnungen, Postkarten etc. etc. betrifft, zu jeder Schandtat bereit. (Schreibe gerne „für den lieben Erbonkel Hansi“ oder „für meinen Ex-Verlobten Paul-Rüdiger“ – ganz egal!)

Ebenso freue ich mich über jeden Kollegen, der sich an dieser Aktion beteiligt und ebenfalls Belegexemplare zum Verkauf zur Verfügung stellt und oder/diesen Appeal ueber die Social Media teilt.

No man is an island.

Vielen Dank.

Charlie

Zum zweiten Advent

Secondofadvent

Charlie (49): „Und wenn wir da landen, glaubst du wir können die zwei Flüsse schon sehen?“

Fabian (3): „Ja, die sind ja ganz groß. Und den Wald und den Fuchs und die Eule und das Squiggel können wir auch sehen. Und den Hubaba.“
Charlie (49): „Machst du das mit mir? Fliegst du mit mir irgendwann mal da hin?“
Fabian (3): „Ja mit dem pinken Flugzeug. Und meine Mami kommt auch mit.“

Sei noch da, wenn wir kommen, Zweiflussland. Und halt Ausschau nach pinken Flugzeugen. Gott behüte dich.

Fortsetzung folgt?

War ich der, der nie Fortsetzungen schreiben wollte?

Der, der Fortsetzungen als Wurmfortsätze unrunder Geschichten bezeichnet hat, war nicht ich, oder etwa doch?

Meine Fortsetzung „Ararat“ ist kein Wurmfortsatz, sondern eine Wiedersehensparty. Eine Begrüßungsorgie am Bahngleis, das Zugticket, das man sich auf Pump kauft, weil die Sehnsucht es länger nicht aushält. Meine Fortsetzung „Ararat“ ist das kolossale Staunen: Nicht zu fassen, was aus euch geworden ist!

Nur den, der das lesen soll, wollen wir natürlich nicht draußen stehen lassen, während wir hier drinnen übereinander herfallen und uns in Entzückensrufen („Hach, bist du aber groß geworden“) ergehen. Weshalb es leider allmählich nötig wird, über die leidige Frage: Kratzt das einen?, nachzudenken.

Ich hab mein Liebespaar verlassen, als sie auf halb gepackten Koffern auf dem Sprung saßen, echauffiert, blitzäugig, tapfer ein bisschen Angst verbeißend und sich fest an den Händen haltend. Junge Leute halt – wir zwei gegen Himmel und Hölle und bis ans Ende der Welt. Beide hübsch, beide von der Art, auf deren Wangen alte Tanten Lippenstiftflecken hinterlassen. Meine Augensterne, my two and only.

Jetzt sind sie seit sechs Jahren angekommen, verheiratet, schon in dem Alter, in dem Ehemänner Hüftspeck ansetzen, aber sie kann nicht kochen, er hat Anorexie, und außerdem altern sie beide wie Wein. Sie haben sich ein Haus gebaut, und nun kommt die alte Tante (ich) zum ersten Mal zu Besuch. Die will natürlich vom Keller bis zum Boden geführt werden, in jeden Schrank spähen, unter jedes Bett linsen, sehen, in welchen Ständer er seine nach dem Lesen gefaltete Zeitung steckt und ihr zuschauen, wenn sie die nächste Rolle Klopapier aufhängt.

Die alte Tante arbeitet nicht mehr und wird demnächst samt ihrer Familie Konkurs anmelden müssen. Die alte Tante dreht Kopfkissen um und befühlt Tagesdecken, flötet: „Ich komm‘ mit euch zur Kirche, Kinder“ und drängt sich hinterher noch zum Einkaufen auf, prüft den Kaffeevorrat und will unbedingt die Nachbarn und den Hausarzt kennenlernen. Die alte Tante ist selig. Mit sich und der Welt im Reinen, zum ersten Mal, seit die hier hockt und schreibt.

Schreibt?

Nee, oder?

Womit sich die Lieblingsverwandten Nase und Hintern pudern, schreibt man doch nicht in einen Roman, den man anderen Leuten als höchst mitreißend verkaufen will. Ich fürchte, ich werde der alten Tante mal erklären müssen, dass das außer ihr selbst kein Schweinlein schert, ob ihr glutäugiger Liebling sich die Zähne mit Meersalz putzt und seine zauberhafte Gemahlin ihr Stullenpaket im Museum liegen lässt. Das ist jetzt nicht echt, oder? Trautes Heim, Glück allein, und das Honigkuchenpferd, das vor Stolz darauf platzt, bin – ICH?

Ich bin doch der mit den ganz düsteren, auf Sturm gebürsteten Geschichten voller angebrüteter Leute, die sich nie so verhalten wie der Hund von Onkel Rudis Schwiegermutter. Und jetzt will ich unbedingt aller Welt erzählen, wie zwei sich Opernkarten für Covent Garden bestellen – und die Oper fliegt dann nicht mal in die Luft? Was kommt als nächstes? Alte, ich fürchte, bevor die sich auch noch einen Dackel kaufen oder ihre Steuererklärung ausfüllen, während du tränenblind jauchzend daneben sitzt, müssen all diese hübschen marital-bliss-Szenen RAUS.

Darin war ich immer gut. Ein Klick und ab ins Nirwana.

ABER JETZT?

Ich kann doch nicht meine süße Gewitterhexe, die gegen einen Fleischwolf kämpft, in den Daten-Mülleimer schmeißen und die Kragennadelsammlung ihres Liebsten hinterdrein?

Das geht absolut nicht. Man klaut schließlich seiner alten Tante auch nicht ihr mit Blümchen beklebtes Fotoalbum! Ein bisschen zittrig nehm‘ ich den Finger vom Löschknopf und begreife nach über dreißig Jahren Leben als Kritzler, warum Kollegen eine Datei für Outtakes haben.

Die hab ich dann jetzt wohl auch. Und wie nenn‘ ich die? „Ararat Outtakes“? „Ein Sonntag bei Familie A. Januar 1938/Dezember 2014“? Oder „Wurmfortsatz III Material“?

NEIN.

Kommt nicht in Frage. Hatti und Ararat sind mein Geschenk an mich selbst für sämtliche verbleibenden Weihnachten meines Lebens. Die zwei sind das pure Glück, bringen uns empfindlich nah an den Rand des Ruins, und irgendwann ist Schluss. Dann muss man den Hals auch mal vollbekommen und wieder arbeiten, statt Verwandte zu besuchen.

Ich hab einen Mechanismus eingebaut, der garantiert, dass danach keine Hintertür mehr aufgeht, dass alle guten Dinge zwei bleiben, nicht drei werden (ich versprech euch beiden auch, ich werd euch nie „Dilogie“ nennen, sondern für alle Zeiten Hatti und Ararat). Ich druck mir dann halt meine Outtakes aus und kleb Blümchen zwischen die Seiten. So wie alle guten Tanten, die im Grunde ja wissen, dass hinreißende Liebespaare drei Kreuze machen, wenn die Alte wieder in den Zug steigt – und so schnell nicht wieder kommt.