Für alle mit offenen Türen

Doris langte hinüber und tätschelte ihr durch den dicken Rockstoff das Knie. Anfangs hatte Amarna sich davon befremdet gefühlt, aber sie hatte es auch wärmend, rührend und tröstlich gefunden. So wie die ganze Doris, die ihnen beim Einzug ins Haus gepoltert war und körbeweise Kasserollen, Schinken, Schweinepasteten und Battenbergkuchen in ihrer Küche abgestellt hatte. „Sie kommen ja jetzt nicht zum Kochen, und solange es nicht nach Essbarem riecht, ist so ein Haus doch kein Zuhause.“

Doris Taylor. Als hätte in der fremden Stadt doch jemand auf sie gewartet.

Sie borgte Amarna ihre Wurzelbürste, damit sie die Steintreppe vor ihrem Haus scheuern konnte. Amarna hatte in ihrem Leben nie eine Treppe gescheuert und wollte die Bürste schon zurückgeben, aber Arman bestand darauf, sie zu benutzen. „Wenn man das in England so macht, dann machen wir es auch.“

Amarna liebte ihn. Sie hätte zwei Grabstelen für ihn um die halbe Welt geschleppt, aber sie scheuerte keine Treppe für ihn. Dafür, dass er nicht auf die Idee kam, es von ihr zu erwarten, liebte sie ihn umso mehr. Als Doris ihn auf schwarz behosten Knien auf der Treppe erwischte, nahm sie ihm die Scheuerbürste weg und klopfte ihm wie einem kleinen Jungen die Hosenbeine sauber. „Wenn Ihre Marnie dafür keine Zeit hat, mache ich eben Ihre Treppe mit, wenn ich unsere schrubbe. No problem.“

Doris Taylor. Als ließe sich mit einer Wurzelbürste die vertrackte Welt wieder sauber schrubben, solange man vor der eigenen Haustür zuerst kehrte.

Ararat – “Und sie werden nicht vergessen sein”. Knaur Taschenbuch, 1. März 2016

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Bild vom Krieg

Für alle, die ihre Welt verlassen mussten, und nicht wissen, ob noch etwas davon übrig ist.

 

“Rotterdam ergab sich nicht. Warschau hatte sich ebenfalls nicht ergeben. In den Zeitungen waren Bilder von beiden Städten, nachdem deutsche Bomber sie zum Aufgeben gezwungen hatten. Warschau und Rotterdam glichen dem Bild in Evas Kopf. Früher hatte sie einmal zu Martin gesagt: „Vielleicht brauche ich Krieg, um weiterzukommen. Um Gesichter zu schaffen wie dein Türke, muss ich vielleicht einen Schmerz darin sehen, den ich mir ohne Krieg nicht vorstellen kann.“

Jetzt dachte sie: Wenn ich ein Bild vom Krieg malen würde, wäre kein Gesicht mehr darin. Nichts Menschliches. Sie hätte eine Leinwand grau anmalen und sie Warschau und Rotterdam nennen können.”

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Sonderservice: Der Wetterdienst …

Ausnahmsweise und exklusiv für eine besonders nette Besucherin, die unsere Stadt am Wochenende beehrt:

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Blauer Himmel und Sonne! Das hatte London in diesem Jahr noch nicht allzu oft aufzubieten. An diesem Wochenende aber belegt sie – eigens für euren Besuch – auf der Liste der Städte, deren Höchsttemperaturen wir uns täglich zustellen lassen (und zu denen Neapel, Rom, Athen, Rhodos und Istanbul gehören) mit erfreulichen 23 Grad den zweiten Platz. Na dann – herzlich willkommen.

 (Die Siegerin allerdings deklassiert den Rest des Feldes mit satten 30 und ist meine Siegerin des Jahres 2014 sowieso. Miss you, Yerevan.)