Valentinstag – Plaisir d’amour

Ich finde es schwer, von der Liebe zu schreiben. Ich finde es auch schwer, von der Liebe zu lesen, obwohl ich auf beides scharf bin und all meine Bücher – die, die ich liebe, lese, wie die, die ich zu schreiben versuche – Eros-undThanatos-Bücher sein müssen oder mich merkwürdig kalt lassen. Dass ich das trotzdem so schwer, so mühsam und oft so ärgerlich oder unappetitlich finde, liegt – glaube ich – daran, dass ein Autor, der mir erzählt, wie seine Figur eine Strasse in Istanbul hinuntergeht, mir noch spielend Facetten vorzaubern kann, die mich überraschen, ohne so krampfhaft originell zu wirken, dass sich mein Kiefer mit verkrampft.

Aber ein Autor, der mir erzählt, wie seine eine Figur seine andere liebt?

Von der Liebe Geschriebenes soll nie gehört und doch wiedererkannt sein, zart und wuchtig, leise und unüberhörbar, einzigartig und so, als wäre es dem Autor nebenbei herausgerutscht, knochentrocken und süffig, irdisch und überirdisch, ganz echt und ein bisschen überlebensgross. Kann nicht gehen, oder? Ich gebe zu, für mich ist das die Königsdisziplin – die Steilwand, an der auch Autoren, die sonst in meinen Augen nichts falsch machen können, abrutschen.

Mein Champagner zum Valentinstag geht an all die, die es trotzdem können, die einen Trommelwirbel aus mir machen, wenn ich ihr Schreiben von der Liebe lese.

Schickt ihr mir – über welches Medium auch immer (wir sind ja jetzt verlinkt) – eure Lieblingsszenen von der Liebe? Ich würde mich freuen. Wenn ich genügend zusammenbekomme, sammle ich sie in einem eigenen Post – Liebe in grossen Dosen gegen Kälte in noch größeren.

Ich schenk euch auch eine und zwar meinen Klassiker. Die Wahl ist zwar alles andere als originell, aber ich kann mir nicht helfen. Seit 30 Jahren meine schönste Liebesgeschichte der Welt: Tschingis Aitmatov und “Dschamilja”:

Er gab ihr die zärtlichsten kasachischen und kirgisischen Kosenamen. “Ich liebe dich auch schon lange. In den Schützengräben habe ich von dir geträumt. Ich wusste, dass meine Liebe zur Heimat meine Liebe zu dir war, meine Dshamilja.”

“Dreh dich um, lass mich deine Augen sehen.”

Das Gewitter entlud sich. Ein von der Jurte losgerissenes Stück Schafwollfilz flatterte im Wind wie der Flügel eines verwundeten Vogels. Stürmische Böen trieben den Regen prasselnd auf die Erde. Es sah aus, als küsse er sie. Schräg über uns krachten mächtige Donnerschläge, die am Himmel rollend nachhallten. Bei jedem Aufzucken erglühten die Berge wie ein Tulpenfeld im Frühling. Wütend heulte der Sturm.

Araratsparkling

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4 thoughts on “Valentinstag – Plaisir d’amour

  1. Oh, “Dshamilja” – das muss ich auch unbedingt nochmal lesen, ist schon viel zu lange her …
    Ich habe jetzt tatsächlich mal meine Regale durchforstet und überlegt, wo ich mal eine richtig schöne Liebesszene gelesen habe, die mich vor Glück hat strahlen lassen beim Lesen – und dabei festgestellt, dass das wirklich nicht mein Hauptthema ist, so wenig Bücher mit einer richtigen Liebesgeschichte drin habe ich da stehen …
    Aber dann fiel mir Louisa May Alcotts “Good Wives” ein, und die Szene unter dem Regenschirm … für mich darf’s ja gern etwas bodenständiger sein, mit allem allzumenschlichen Drumherum dabei. 🙂 Ich hab das Buch nur auf Englisch, darum im Original – und ich konnte mich nicht auf einen kürzeren Ausschnitt beschränken, sorry:

    It was certainly proposing under difficulties, for, even if he had desired to do so, Mr Bhaer could not go down upon his knees, on account of the mud; neither could he offer Jo his hand, except figuratively, for both were full; much less could he indulge in tender demonstrations in the open street, though he was near it: so the only way in which he could express his rapture was to look at her, with an expression which glorified his face to such a degree that there actually seemed to be little rainbows in the drops that sparkled on his beard. If he had not loved Jo very much, I don’t think he could have done it then, for she looked far from lovely, with her skirts in a deplorable state, her rubber boots splashed to the ankle, and her bonnet a ruin. Fortunately, Mr Bhaer considered her the most beautiful woman living, and she found him more ‘Jove-like’ than ever, though his hat-brim was quite limp with the little rills trickling thence upon his shoulders (for he held the umbrella all over Jo), and every finger of his gloves needed mending.

    Passers-by probably thought them a pair of harmless lunatics, for they entirely forgot to hail a ‘bus, and strolled leisurely along, oblivious of deepening dust and fog. Little they cared what anybody thought, for they were enjoying the happy hour that seldom comes but once in any life, the magical moment which bestows youth on the old, beauty on the plain, wealth on the poor, and gives human hearts a foretaste of heaven. The Professor looked as if he had conquered a kingdom, and the world had nothing more to offer him in the way of bliss; while Jo trudged beside him, feeling as if her place had always been there, and wondering how she ever could have chosen any other lot.

  2. Danke, Birthe! In deinem Blog habe ich gelesen, dass du einen neuen historischen Roman planst, der in Rom spielt! Und ich kenne – all meinem Betteln zum Trotz – noch nicht einmal Nummer Eins! Kann ich dich nicht bezirzen, im anderen Valentins-Posting wenigstens eine einzige, ganz ganz kleine, ganz ganz kurze, ganz ganz winzige Szene bitte bitte einzustellen? Wirklich nicht? Nicht mal heute? Am Valentinstag???

    • Naja, das Ding ist halt, dass Liebesszenen bei mir eher rar gesät sind. Die Liebe, die im Roman auch nicht der Hauptfokus ist, zeigt sich mehr in dem, wie meine beiden miteinander umgehen, und das kann man so schlecht posten – den Kuss kennst du ja schon …
      Aber eine Szene hätte ich vielleicht doch noch. *zum anderen Posting umzieh*

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