Und hätten der Liebe nicht, zum zweiten

Ich probier’s starrsinnig weiter:

Eure schönsten Kuss-Szenen wolltet ihr mir gestern gemeinerweise nicht zeigen. (Bis auf Silke – ich bedanke mich!)

Wie stehen meine Chancen mit eurer schönsten Liebeserklärung?

Gebt ihr mir die?

Meine ist, glaube ich, die hier. Die erste, die ich unter meine eigene Haut geschrieben habe, dahin, wo ich einen Schmelzpunkt habe:

“Als er gestorben ist, sahen sie sich sogar ähnlich. Ich habe A. da sitzen sehen, mit B. in den Armen, ich hätte sie beide vor Liebe erdrücken wollen, obwohl B. schon tot war, und ich habe gedacht: Ach, mein Liebster. Irgendwann wirst du genau solch ein vogelknochiger, wattehaariger, zauberhafter Meckerkopf sein wie der da, und das ganze Haus wird kopfstehen, um dir drei Tropfen Joghurt einzutrichtern.”

Bluemoonroses

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4 thoughts on “Und hätten der Liebe nicht, zum zweiten

  1. Ich würde eigentlich gerne – aber ich bringe es nicht fertig.
    (Hallo übrigens – ich hab mich lange nicht gerührt hier … dabei hast du doch so schöne Dinge gepostet in letzter Zeit!)

    Gestern war ich auch schon drauf und dran, aber dann habe ich mich nicht getraut. Die Kuss-Szene, die ich am liebsten mag (so viele habe ich gar nicht, ich schreibe so wenig Liebe), ist aus meinem historischen Kind, und die beiden sind so zart und verletzlich und unschuldig, dass ich es tatsächlich nicht fertiggebracht habe, sie so quasi ins Rampenlicht der Öffentlichkeit zu zerren. Ich weiß gar nicht, wie das werden soll, wenn ich doch eigentlich versuchen möchte, diesen Roman zu veröffentlichen …

  2. Du bist aber ganz schoen gemein, Birthe. Jetzt habe ich mich so darueber gefreut, hier deinen Namen zu sehen, und hatte gehofft, endlich mal ein Stueck Text von dir kennenzulernen, und nun ist’s Essig. Du bist mitleidlos!
    Zum Thema Veroeffentlichen im Folgenden meine Arie: Ich habe sieben Jahre lang darunter gelitten wie ein Tier (was eine hoechst duemmliche Redensart ist, denn auf diese spezielle Weise, an ihrem Kern und Selbstwertgefuehl, leiden meines Erachtens ausschliesslich Menschen) und nur weiter gemacht, weil Veroeffentlichen fuer mich der einzige Weg ist, die Recherche und den enormen Zeitaufwand zu finanzieren, und weil die Schreibsucht mir nicht erlaubte, aufzuhoeren. Es war ganz furchtbar, ich habe mich fuer den – schoenen – Rest meines Lebens erheblich beschaedigt und behindert gefuehlt und mich gefragt: Wieso ist man eigentlich so bloede und mutet sich als Mensch in der zweiten Lebenshaelfte, der beruflich und familiaer seinen Mann steht, eigentlich eine solche Abfolge von Demuetigungen zu (Ich versteh mich aufs Mutmachen, gell?)?
    Haette ich deinen Beitrag vor anderthalb Jahren gelesen, haette ich dir geraten: Lass es bloss bleiben, wenn du’s dir leisten kannst. Und noch zu New Year’s Eve 2013 hab ich meinem Mann auf die Frage, was ich mir fuer 2014 wuensche, geantwortet: Gewinn im Lotto und kauf mir meine Hatti zurueck.
    Jetzt ist 2015 und alles ist anders, deshalb rat ich dir stattdessen: Mach’s. Beiss die Zaehne zusammen, richte dich auf ein paar ziemlich massive Tritte in die Weichteile ein und halte durch – es lohnt sich so sehr.
    Der Unterschied ist: Als das Buch kam, mir dem ICH zufrieden war, konnte mich das Getrete ueberhaupt nicht mehr kratzen. (Ich hatte einen einzigen schlimmen Moment, das war aber auch das Veraechtlichste, was mir bisher passiert ist – und es war im Handumdrehen vorbei und ich konnte darueber LACHEN. Ich!) Stattdessen konnte ich erstmalig HOEREN, wenn mir jemand gesagt hat: “Wissen Sie was? Ich finde, Ihr Buch ist gelungen.” Ich konnte das, weil ich dachte: Ja. Finde ich auch. Vielen Dank.
    Mein Fazit: Mit einem Buch, das so geworden ist, wie ich es wollte, kann ich auch an die Oeffentlichkeit, da schaem ich mich nicht, da hab ich meine froehliche Arroganz, die ich aus anderen Lebensbereichen von mir kenne, zurueck, kriech nicht als peinliche Leserbebuhlerin auf dem Boden rum, sondern freu mich riesig daran, dass Menschen mit mir ueber mein mich entzueckendes Buch sprechen wollen (es ist mir kein bisschen peinlich – unfassbar) und lasse mir persoenliche Angriffe (NICHT berechtigte Kritik!) am schoensten Koerperteil vorbeirutschen. Auf einmal macht Veroeffentlichen SPASS, und traurig ist nur, dass a) nicht viel viel mehr Leute mein Lieblingsbuch gelesen haben und mit mir drueber sabbeln wollen und dass es b) noch so so lange dauert, bis mein noch viel lieberes Lieblingsbuch erscheint.
    Ich hab jetzt mein Ich-wuerd-dich-nicht-mal-gegen-eins-von-Graham-Green-tauschen-Buch und kann’s nicht erwarten, es “der Welt” zu zeigen.
    Es ist ein himmlisches Gefuehl.
    Und genau das wuensch ich Dir auch. Keine Angst! Ich hatte genau die gleiche, fand die jahrelang auch begruendet, aber wenn Du Dein Buch selbst magst, ist alles anders, denn dann kannst Du Dich VOR es stellen und Dein Buch ist in Sicherheit. Wirklich. Also ran! Wenn ich in irgendeiner Form behilflich sein kann – jederzeit sehr gern (bin aber im August nicht erreichbar).

    Und dann kann ich endlich mal was von Dir lesen!

    Herzlich,
    Charlie

  3. Ach, du bist lieb! Und das, was du da schreibst, ist wunderschön zu lesen. Ich freu mich sehr, dass du das so erleben konntest!
    Im Grunde fürchte ich mich auch weniger davor, dass meine Geschichte kritisiert werden könnte – mein Problem ist eher, dass ich Angst habe, dass ich historische Dinge falsch dargestellt haben könnte. Das hat der Roman nicht verdient.

    Hier und jetzt war es allerdings tatsächlich gar nicht meine Angst vor Kritik oder sowas, was mich hinderte, sondern tatsächlich mein Liebespaar, das so eine zarte Beziehung hat, dass ich das Gefühl habe, ich tue ihnen was an, wenn ich sie aus meinem Kopf und meinem Computer in die Welt hinaus zerre. Also was völlig Irrationales.

    Aber weißt du was? Daran müssen sie sich ja gewöhnen, also gehe ich mal zu dem ersten Beitrag rüber (eine Liebeserklärung habe ich nämlich gar keine wirkliche. Die beiden reden da wenig drüber, es ist einfach eines Tages klar, dass sie zusammengehören …).

  4. So ein aehnliches Gefuehl hatte ich – glaube ich – auch. Ich fand mich schon zu viel, kam mir vor wie ein Voyeur, zumal ich den beiden am liebsten auf die Toilette nachgestiegen waere. Ueberallhin. Ich war eine dieser alten Tanten, die zu Besuch kommen, in saemtliche Schraenke gucken, mit “Oh Verzeihung, ich hab mich wohl in der Tuer geirrt” jede zweite Nacht ins Schlafzimmer eindringen und einfach nicht mehr abreisen. Und dann auch noch Fotos machen und die beim Kaffeeklatsch rumzeigen.
    Ich hab mich dann aber beim ersten Buch erlebt. Ich war einfach anders, als bei meinen anderen Buechern. Ich hab mich davor gestellt (und nein, es ist keineswegs Kritik, die verletzt, sondern Mangel an Respekt, der immer auch Abstand bedeutet). Es war gar nicht schlimm. Meine zwei sind vollfit daraus hervorgegangen. Ein einziges Mal bin ich eingeknickt, und da hatte ich – auf den letzten Metern vom zweiten Buch – dann auch zwei Tage lang das Gefuehl: Jetzt bin ich sie los. Mit mir reden sie nicht mehr, in mein Haus kommen sie nicht mehr, ich habe ihr Vertrauen verscherzt und bekomme jetzt mein Buch nicht fertig. Da habe ich mich aufgerichtet und der Person (die mir ueber Wochen zusetzte) gesagt, ich fordere sie auf, von mir Abstand zu halten. Das war eine absolut berauschende Erfahrung. Ich habe an den beiden gelernt, dass das mein Recht ist, ob der Leser nun Koenig ist oder nicht. Ich bin nicht der allgemein verfuegbare Hofnarr, und mein Liebespaar ist es schon gar nicht. Ich will hellwach und kritikfaehig bleiben, aber ich ziehe mir nicht mehr jeden Quatsch rein. Mein primo uomo ist der mit dem Noli me tangere Schild. Ich hab’s mir geborgt: Noli nos tangere. Es hat gewirkt, seitdem kann ich viel freier atmen, und nach ein paar Tagen sind meine zwei stillschweigend wieder eingezogen.

    Dass du Historisches “falsch” darstellst, ist unvermeidlich. Uebrigens auch im Sachbuch, auch in wissenschaftlicher Arbeit. Der Autor eines historischen Romans, der sein Thema ernst nimmt, wird seine These immer in erster Linie zur Diskussion stellen wollen, nicht sie in Stein meisseln. Das ist jedenfalls meine Meinung. Indem ich meine Geschichte, die eine Interpretation von Ereignissen (mit ihrer eigenen Wahrheit!) ist, oeffentlich mache, mache ich mich angreifbar. Ich gebe zu, dass meine Erfahrungen damit nicht sonderlich gut sind. Aber in diesem Jahr habe ich gelernt, dass ich das machen will – obwohl oder besser gerade weil es jetzt richtig ans Eingemachte geht, an das, was mir nicht am Herzen liegt, sondern im Herzen steckt. Ich will das machen. Deshalb hab ich die beiden Geschichten erzaehlt. Wenn sie bei mir bleiben sollen, haette ich mir nicht die Muehe machen muessen, sie aufzuschreiben, denn bei mir sind sie mein ganzes Leben.

    Ich labere hier, als waere etwas davon leicht oder klar. Das ist es nicht. Ich hatte furchtbare Angst, und ich werde vermutlich, wenn Ararat kommt, vor Angst sterben. Ma – noi che abbiamo un po paura e la paura se ne va. Das hab ich gesungen, als ich ihn geschrieben hab, und das werd’ ich wieder singen. Mit den anderen war ich allein, da hatte ich Grund, Angst zu haben. Jetzt bin ich’s nicht mehr. Jetzt hab ich ja Ararat.

    Alles Liebe von Charlie

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