Bilanz

Ich habe furchtbar viel Arbeit, die nicht liegengeblieben ist, sondern sich in Stapeln aufgestellt hat, während ich nichts tat, als Ararat zu schreiben. So etwas habe ich nie gemacht: Arbeit liegenlassen, alles liegenlassen, Stöpsel in Hirn und Ohren stecken, nicht mehr hier sein, wo ich hingehöre, und ein anderes Leben führen, in das ich auch gehöre, gehört habe, denn jetzt bin ich wieder hier und in das andere Leben gehöre ich nicht mehr. Der Platz, den ich darin hatte, hat sich geschlossen und ich muss auf meinen eigenen zurück. Das ist so schlecht nicht. Der Platz, der mein eigener ist, hat mich zurückgenommen wie den Schweine fütternden verlorenen Sohn. Zudem darf ich langsam runterkommen, ununterbrochen meine Ararat-Bildchen rumzeigen, mein noch atemloses Ararat-Gesabbel loswerden und meine Ararat-Parties feiern.

Die Erfahrung ist einzig. Die erregendste Reise meines Lebens. Zeitmaschine. Parallelwelt. Ich aus mir heraus.

Ich schau dich mit offenem Mund an, Ararat, und fühl mich anders mit dir. Neu. Und alt. Mehr wie ich. Und mit Stille in mir. Ein Geschrei, das die ganze Zeit im Hintergrund Du-musst-du-musst-du-musst gedröhnt hat, ist nicht mehr da und ich kann anderes hören. Geräusche, die ich noch nicht kenne. Möglichkeiten. Ich muss nicht mehr. Ich kann. Was ich musste, hab ich gemacht. Ich hab meinen Roman geschrieben. Die Schreibsucht, die eingesetzt hat, als ich zehn war – ist weg.

Mit dem Rest vom Leben kann ich machen, was ich will, Ararat. Dich hab ich ja jetzt. Und so sehr ich dich – höchst amüsiert – als „letzten der großen drei“ erlebe, so sehr fühlst du dich anders an als die zwei übrigen:

Nach jedem schönen Mann, den ich in den Armen hatte, hab ich gedacht: Das will ich nochmal.

Nach jedem Kind, das ich geboren habe, hab ich gedacht: Das will ich nochmal.

Nach dir denk ich: Danke. Das war’s.

Und weißt du was, Ararat? Wenn ich jetzt nochmal zehn wäre und auf dem Computerpapier von Onkel Guido mit Bleistift meinen ersten Pferderoman kritzeln würde, und einer würde mich fragen: Pass mal auf, so kommt es, es dauert vierzig Jahre und das ist der, den du am Ende dafür bekommst, willst du’s machen oder ist es dir das nicht wert?, müsste ich vor der Antwort nicht einmal Luft holen.

I’d take you any day, Ararat.

And I wouldn’t swap you for whatever is on offer.

You are mine.

C.Charlieandmasislonging

Born in June

Ich wollt‘ nur mal leise winken und flüstern:

Ich bin noch da.

Ich habe mir diesen Blog angeschafft, weil ich einen Roman schreiben wollte.

Meinen Roman.

Weil ich so viel Angst vor der eigenen Courage hatte und nicht allein sein wollte mit solchem größenwahnsinnigen Unterfangen: Einen Roman schreiben. Meinen.

Zweifel daran, dass ich das Zeug dazu habe, hätte ich auch in einem guten Jahr gehabt. Aber das, was folgte, war unser schwerstes. Eins, in dem man alles mögliche, aber nicht noch einen Roman, den keiner bestellt hat, brauchen kann.

Mein Roman hat aber nicht losgelassen. Meine Zweifel auch nicht:

Ich kann das nicht, denn ich hab‘s ja bis jetzt nicht gekonnt.

Ich kann das nicht, weil ich gar keine Zeit habe.

Ich kann das nicht, weil ich mir solchen teuren Roman nicht leisten kann.

Ich kann das nicht, weil ich auf dem Zahnfleisch geh, mir den Magen verdorben hab und schon das Nötigste kaum auf die Reihe bring‘.

Ich kann das nicht, weil ich eine Nummer zu klein bin für meinen Traum und jetzt irgendwann mal zu alt, um mich noch immer wie an einem Fahnenmast dran hochzukurbeln.

Jetzt ist unser schwerstes Jahr vorbei. Und ich möcht‘ gern bekanntgeben, ganz leise, ganz dankbar, ganz demütig, ganz stolz, ganz platt vor Glück:

Ich hab einen Roman geschrieben. Zur Welt gekommen am 3. Juni 2015. Er heißt Ararat.

Allein hätt‘ ich aufgegeben. Aber ich war ja nicht allein. Denen, die mir geholfen haben, mir meinen Traum zu erfüllen, die meinen Roman bis zum Ende begleitet, mir Mut zugesprochen, mit mir geflucht, geheult, geredet, herumgerätselt, phantasiert, verworfen und ganz viel gelacht haben, möcht ich sagen: Ihr habt bei mir was gut. Viel. Und das bleibt offen, bis es eingelöst ist. Wenn wir uns revanchieren können, Ararat und ich, wären wir noch glücklicher, als wir’s sowieso schon sind. Das ist ernst gemeint. Ob ihr ein Bett in London braucht, einen Romancoach oder was wir sonst aufbringen können – wir würden uns geehrt fühlen.

Ihr wart sehr großzügig, mit eurer Zeit, eurer Kraft, euren Gedanken, eurem Humor und eurem Wissen. Und wir haben ohne Ende davon profitiert.

Tausend Dank.

Charlie und Ararat