Als „verblüffend selbstsichere“ Debüts wurden uns die beiden Filme, die wir für diesen Tag ausgesucht hatten, angekündigt: das Horror-Drama ‚Nanny‘, erstes Full Length Feature der amerikanischen Regisseurin Nikyatu Jusu, und das psychologische Drama ‚Causeway‘ der bisher ausschließlich aus der Theaterarbeit bekannten New Yorkerin Lila Neugebauer.
Beiden Filmen gemeinsam ist, dass sie sich hervorragend ansehen lassen, sich durch Schönheit auszeichnen, Talent verraten und mit grandiosen schauspielerischen Leistungen aufwarten. „Verblüffend selbstsicher“ fanden wir jedoch nur einen von ihnen.
Nikyatu Jusu in ‚Nanny‘ ist hoch anzurechnen, dass sie mit ihrer Geschichte einer senegalesischen Immigrantin in Manhattan Klischees, Kitsch und Schwarzweißmalerei weitgehend vermeidet. Die Verwendung von Motiven des Horrorgenres und mythologischen Elementen rührt an so grandios geglückte Filmwerke wie ‚Get Out‘ und ‚His House‘ und gefiel als Grundgedanke sehr. Leider bleiben diese Elemente jedoch Staffage, sind zu oberflächlich behandelt und erzeugen nicht die erwartete Tiefe. Die partiell schönen, eindringlichen Teile des Films fügen sich nicht zu einem organischen Ganzen, und die Geschichte weist störende Inkonsistenzen und auch bei der Gestaltung der Figuren unglaubwürdige Widersprüche auf. Die umwerfend schöne Anna Diop ist in der Hauptrolle eindrucksvoll und macht manches, aber eben nicht alles wett, und das Ende scheint allzu hastig und undurchdacht angeklebt. Wir gingen wohlwollend, aber nicht ganz befriedigt. Insgesamt ein vielversprechendes, aber kein komplett überzeugendes Debüt.
‚Verblüffend selbstsicher‘ und noch vieles mehr fanden wir hingegen Lila Neugebauer mit ihrem Film über eine hirnverletzte Afghanistan-Soldatin, die darum kämpft, sich im Zivilleben zurechtzufinden Die junge Regisseurin führt ihre beiden Superstars – Jennifer Lawrence und Brian Tyree Henry, die beide spielen, als ginge es ums Leben – mit einer Contenance und sicheren Hand, die es unfasslich scheinen lassen, dass dies ihr erster Film ist. Obwohl ‚Causeway‘ bestechend gut aussieht und dem Auge viel bietet, setzt Neugebauer ihre Mittel durchgehend sparsam und zurückhaltend ein, gibt nur das Nötigste und erreicht damit alles. Sie drängt dem Zuschauer nichts auf, wird nie laut, betätigt keinen emotionalen Schalthebel, sondern lässt uns allein mit ihrer minimalistisch erzählten Geschichte, der ich mich gerade deshalb von Anfang bis Ende nicht entziehen konnte. Hier weiß eine junge Filmemacherin ganz genau, was sie will und wie sie es erreicht. Ein echtes Talent, von dem man den nächsten Film nicht erwarten kann. Bring it on, Lila!



