Aus leider mehr als gegebenem Anlass:
Ich bin vermutlich nicht der einzige Lektor/Roman-Coach/Übersetzer/sonstiger Textarbeiter (sowie weibliche Pendants), der/die in den letzten Monaten gehäuft Anfragen mit dem Tenor: “Du hast doch sicher durch die Corona-Krise auch Aufträge verloren, da machst du mir das doch sicher ‘n bisschen billiger, und wir sitzen doch alle im selben Boot” erhält.
Um das ein für allemal klarzustellen: Ins Boot dieser Anfrager setze ich mich nicht. Ich bin für meine Arbeit ausgebildet worden, heute noch genauso gründlich und sorgfältig wie vor fünf Monaten, meine dreissig Jahre Berufserfahrung hat Corona nicht weggeschmolzen, und mein Hirn braucht auch nicht urplötzlich für die Arbeit weniger Zeit. Meine Familie lebt heute noch genauso von meiner Arbeit wie im März, was bei den freundlichen Anfragern ebenso der Fall sein dürfte. Corona hat unser Leben nicht billiger gemacht und meine Arbeit nicht weniger wertvoll. Und derlei Anfragen nicht weniger unverschämt.
Die Mühe, auf solche Fragen-kostet-ja-nichts-Mails zu reagieren, mache ich mir inzwischen nicht mehr. Sollte mir ein Leser/eine Leserin dieses Postings eine Mail dieses Inhalts geschrieben haben oder zu schreiben beabsichtigen, so sei ihm/ihr meine Antwort mitgeteilt: Nicht danke, sondern nein.
Und wenn ich nicht Corona-Verlierer, sondern Lotto-Gewinner wäre, dann lautete meine Antwort noch immer genauso, denn meine Lotto-Millionen ändern an meiner Ansicht nichts, dass Qualität bezahlt gehört. Meine von Lotto-Millionen gesponserten Billigpreise würden höchstens etwas an der Lage des Kollegen ändern, dem ich mit solchen Spielchen die Kunden wegfange. Und dessen Familie genauso wie meine von seiner Arbeit lebt.
Nicht danke, sondern nein.
Wenn wir Textarbeiter uns zu allem noch gegenseitig die Preise zerschiessen, sollten wir vielleicht lieber ganz auf Geld verzichten und als Bezahlung eine Schaufel verlangen, um uns eine Grube zu graben.
Ich lasse gern über alles Erdenkliche mit mir verhandeln, bin offen für kreative, unkonventionelle Lösungen und freue mich über alle Anfragen (und empfehle auch gerne Kollegen, wenn ich selbst keine Kapazitäten habe oder für einen Auftrag nicht die Richtige bin). Aber meine Preise, die auf dieser Seite eingesehen werden können, sind und bleiben nicht verhandelbar.
Wem meine Arbeit ihr Geld nicht wert ist, der ist mir meine Arbeit nicht wert.
Corona mag mich wie andere manches kosten. Aber zum Bettler macht es mich nur, wenn ich mich dazu machen lasse.
Nicht danke.
Sondern nein.
