Liebster Ararat.
Dein Autor ist der, der gestern die zwei (in Worten: ZWEI!) Romane, die er im letzten Jahr geliebt hat, in einem Schwung verraten hat. Über die Klinge springen lassen. Weil das leichter ging als Kämpfen. Weil dein Autor so furchtbar müde ist. Das, was Sodbrennen verursacht, ist die Tatsache, dass diese derart deklarierte Müdigkeit Zynismus ist, dem schon die Tarnfarbe blättert.
Romane sind keine Menschen. Zu behaupten, sie könnten verraten werden, ist pathetisch und ein bisschen pubertär. Weshalb fühlt sich’s dann trotzdem so an?
Weil ich – to be frank – nicht beliebig viele davon habe. Weil ich die geschenkt bekomme. Weil die das beste enthalten, was ich aufzubieten habe, um mit Menschen zu kommunizieren. Weil die mit mir kommunizieren. Über Menschen. Manchmal.
Vielleicht verrate ich Dich auch. So wie Anton und Hatti. Vielleicht verkaufe ich Dich wie andere Leute ihre Großmütter. Vielleicht sollte ich Dich beschwoeren: Flirte mit mir, aber heirate mich nicht. Ararat, Schönster, soll ich Dir eine andere suchen, die Dir einen Antrag macht und für Dich durchs Feuer geht?
Bedenke aber:
Dein Autor ist einer, der drei Stunden lang heult und am Ende lautlals durch die Albert Hall schluchzt, weil eine Frau, der das Licht ausgegangen ist, ihrem Nachbarn erzählt, alle Welt nenne sie Mimi, obwohl sie Lucia heißt.
Ararat, heirate mich. Du kannst eine bessere finden, eine die nichts von Verrat weiß, der Zynismus fremd bleibt und die keine Großmütter verkauft. Aber keine, die siebenundzwanzigmal in ihrem Leben La Boheme durchgeheult hat. Beim Applaus, als mir kaum noch etwas blieb, um die Bescherung aufzuwischen, hat mich meine entzückende japanische Sitznachbarin fürsorglich gefragt: „Ach, wussten Sie nicht, dass sie am Ende stirbt?“
Nein, Ararat, ich glaub, das wusste ich auch beim siebenundzwanzigsten Mal nicht. Vielleicht verrat‘ ich dich, aber vorher sing‘ ich dir ‚Talor dal mio forziere‘ ins Ohr. Du mit deinen schönen Augen hast aus meiner Truhe alle Juwelen gestohlen. Ich bin ein zynischer Großmutterhändler, aber ich lerne das nicht, dass wir am Ende sterben.
Liebe Charlie,
ich mag Deinen Blog sehr. Ich mag, was Du schreibst und wie Du es schreibst. Und ich schicke dem Ararat und Dir jedesmal beim Lesen viele gute Gedanken. Natürlich nicht ganz uneigennützig – schließlich würde ich mich sehr freuen, dieses Buch von Dir irgendwann zu lesen.
Bis dahin lese ich über Deine Reise zu ihm und mit ihm. Und versuche, nicht an der Schriftstellerei zu verzweifeln. Und freu mich, dass ich nicht die Einzige bin, die immer noch bei La Boheme heult.
Alles Liebe für Ararat und Dich,
Ellen
Wir bedanken uns sehr sehr herzlich.
Und wuessten – schuechtern – furchtbar gern, wie es dem Fraeulein Mozart geht.
Alles Liebe,
Charlie mit Ararat