I want you!

Wenn man zu blöd für die Technik ist, geht ein Großteil des Spaßes verloren. Den ganzen Tag gearbeitet, den ganzen Tag über die Arbeit geschimpft, den ganzen Tag Ararat vermisst, den ganzen Tag darauf gefreut, am Abend eine halbe Stunde lang eine imaginäre, in einer weißen Box befindliche Welt mit Ararat vollquatschen zu können – und dann im ersten Posting einen Fehler entdeckt und zehn Minuten mit der Editierfunktion gekämpft, ohne einen Sieg zu erringen. Nun sitz ich hier, bin erschöpft, frustriert und habe vergessen, was ich schreiben wollte.

Die Carmen weiß es auch nicht. Oder sie weiß es und sagt’s mir nicht. Wenn man den ganzen Tag Dinge tut, die man nicht tun will, geht ein Großteil des Feuers verloren. Ich möcht gern im Lotto gewinnen. Ich möcht gern meine Arbeit aus dem Fenster, in den ewigen Regen schmeißen und den ganzen Tag mit Ararat flirten. Während der Arbeit geht das nicht. Zum Flirten brauch‘ ich meinen Kopf, und den kleistert die Arbeit voll. Mit Kleisterkopf kann ich nicht Ararat anflirten. Wer, der sich mit knapp fünfzig in einen unverschämt schönen Kerl verliebt, stellt sich dem mit Kleisterkopf in den Weg und plinkert mit rot geränderten Augen? Ich müsste erst einmal ausschlafen, meine Schultern straffen, ein Liedchen trällern, mir das graue Haar auszupfen. Aber dazu bräuchte ich Zeit, und ich hab nicht im Lotto gewonnen. Die Carmen auch nicht. Oder sie hat’s und sagt’s mir nicht.

Eigentlich ist das hier lustig. Und funktioniert besser als erwartet: So tun, als schaue jemand zu. Und dennoch die Sau rauslassen, weil keiner zuschaut. Frustriert bin ich trotzdem. Ich bin verliebt, ich möchte flirten, ich möchte den ganzen Tag meinen Schönen abkitzeln, ihm den Nacken kraulen, ihn an den tintenschwarzen Haaren ziehen. Stattdessen muss ich lauter Zeug machen, dessen Sinn sich mir verschließt. (Dass sich Sinn verschließt, ist, wenn ich mich recht erinnere, eine Nebenwirkung von Verliebtsein.) Ich werde von Tag zu Tag frustrierter und neidischer auf alle anderen Verliebten, die flirten und turteln und Frühling spielen dürfen. Kommt einem das immer so vor? Dass alle anderen dürfen, nur man selbst nicht? Haben alle anderen ihre prachtvollen Romane in den Armen und nur ich allein meine hühnerbrüstige Arbeit? Ich wollte heute nicht frustriert sein, ich wollte heute nicht in weiße Boxen blasen müssen, ich wollte meinen Roman schreiben, der Ararat heißt. So wie früher. Als das etwas Sensationelles hatte. Romane schreiben. Welten wachsen sehen. Etwas Verliebtes. Etwas vom Frühling.

Gute Nacht, Ararat. Sei bitte noch da, wenn es irgendwann aufhört zu regnen. Und Carmen und ich auftauchen. Carmen aus dem Winterschlaf, ich aus der Winterarbeit, wir beide aus Winter-was-weiß-ich. Zumindest ist es ein bisschen schön, zu denken: Wenn ich wüsste wie, dann wüsste ich, was ich täte.

Na ja. Ein bisschen bisschen schön.

Charlie

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